Löschklarheit

Rostock, 22. August 2025 – F. Rentrop

Heute: am Wasser, wie immer. Südlich der Neptun-Werft.
Neptun-Werft: Schiffe entstehen.
Ich: Gedanken entstehen.
Beide müssen schwimmen.

Die Werft: 175 Jahre alt.
Ich: 203 Tage.
Eine Zählung, die nichts will und trotzdem Gewicht hat.

Mio Mio Mate Zero. Pepe Zigaretten.
Das stille Inventar. Das Protokoll.

Dann: eine WhatsApp-Sprachnachricht gelöscht.
Bewusst. Endgültig.
Ein Verlust, den ich selbst wollte – und sofort nicht mehr wollte.

Unwiederbringlich. Schwer.

Und damit ein neues Gefühl.
Scharf umrissen, kaum greifbar:
Löschklarheit.

Ein Wortstück, das sich den anderen Miniaturen anschließt:

Löschklarheit
Substantiv, Femininum; Genitiv: -, Plural: -en [⟨poetisch, melancholisch⟩]
1. Der Moment bewusster Entscheidung, eine digitale Spur (Nachricht, Bild, Erinnerung) zu tilgen, in der Überzeugung, dass dies Befreiung bringt.
2. Das unmittelbare oder verzögerte Bedauern über den unwiderruflichen Verlust dieser Spur, die eine emotionale oder existenzielle Bedeutung hatte.
3. übertragen: Jeder Akt des absichtlichen Loslassens – von Menschen, Orten, Erinnerungen –, der von einer plötzlichen Sehnsucht nach dem Verlorenen begleitet wird.
Beispiel: „Die Löschklarheit dauerte nur einen Moment: Die Nachricht war verschwunden, die Sehnsucht nach ihr begann sofort.“

Klang des Tages: Portishead - The Rip