Schlagwort: Gedicht

  • Pferdeschwanzgedanken

    Ich ertappe mich.
    Schon wieder.
    Wie ich daran denke,
    an ihren Haaren zu ziehen.
    ~
    Nicht wild.
    Nicht Tarzan.
    Mehr so:
    „Bleib mal kurz hier.“
    ~
    Ein Griff.
    Ein Mini-Statement.
    Ein softes Ankern.
    ~
    Sie trägt sie hoch,
    Pferdeschwanz.
    Absichtlich, natürlich.
    Offen und Zopf.
    Gummi vom Büdchen.
    (Sie weiß, was sie tut.)
    ~~
    Wenn sie tanzt …
    vorn,
    leicht außer Reichweite …
    und tut, als wär ich Statist,
    dann muss ich.
    Ganz kurz.
    Einmal.
    ~~~
    Nicht halten,
    nur markieren.
    Ich seh dich.
    Das da ist echt.
    ~~
    Und sie?
    Lässt es zu.
    Vielleicht für mich.
    Vielleicht für sich.
    (Vielleicht beides.)
    ~
    Ich mag sie.
    Sehr sogar.
    Sie hat was verändert
    in mir.
    Nicht viel …
    besser: wenig.
    ~
    Mit ihr ist selbst
    Nichts machen
    ein guter Plan.
    ~
    Und manchmal,
    wenn ich daran denke,
    wie du gehst,
    wie du bleibst,
    wie du tanzt …
    ~~~
    dann wird’s still
    in mir.
    Für einen Moment.
    ~
    Und ich denk:
    Das ist vielleicht Liebe.
    (Oder was Besseres.)
    ~
    Frederik Rentrop
    2006





  • remix.groove/reprise

    der erste morgen findet uns hier.
    staub tanzt in einem hellen streifen.
    pflanze am fenster nickt uns zu.
    dein atem noch warm vom schlaf.
    dein lachen: erstes wort. immer richtig.
    ein grinsen, das mich kennt,
    der tag macht los, wir bleiben liegen.
    du bleibst nah.
    /
    du summst wie ferne bienen.
    vanille und stadt an deiner haut,
    so leicht, ein blinzeln.
    du nimmst meine hand, als wär’s zum ersten mal. track eins.
    wg-küche, magnete halten pläne.
    jemand streicht brot im halbschlaf,
    eine tür atmet. kann jemand kaffee? läuft.
    /
    kein ziel, kein plan, kein stress.
    nur diese küche mit offenem fenster.
    wasserkocher macht nebel,
    wir würzen den toast mit pfeffer
    und nennen das leben. passt.
    /
    ampel klickt, gleise singen, klick-klack.
    kaffee am rhein, dampf in der hand.
    ein boot bügelt die welle,
    ein kran rückt den himmel an die stelle.
    mein herz hält mit. neu kalibriert.
    /
    uhr langsam, blick schnell,
    bis wir uns wiedersehen.
    den rest erzählen wir dort. später.
    /
    du zeigst mir die abkürzungen.
    ich erfinde umwege.
    wir treffen uns genau dazwischen,
    an einem büdchen, das auch im winter an sommer glaubt. hook.
    /
    vinyl nur noch als leise rille in der erinnerung.
    handy ohne balken.
    wir tauschen erzählungen.
    dein heute, mein jetzt,
    remix aus worten,
    wir lassen sie laufen. nur mit uns. repeat.
    /
    uferweg, brücke, wind an der wange.
    cafés, die uns noch nicht kennen.
    wir üben unser echo,
    lassen es irgendwo zwischen den stühlen stehen. refrain im raum.
    /
    du fühlst den groove, ich halt den beat,
    deine söckchen auf der heizung,
    mein satz auf deinem zettel,
    die stadt klopft durch die wände,
    wir klopfen zurück. call & response.
    /
    kein ziel, nur shuffle,
    und dieses gemeinsame zählen.
    eins für den mut, zwei für die spannung,
    drei für „bleib“, vier für „gehst du mit?“.
    fünf – und schon sind wir weiter.
    /
    nachts liegt die stadt wie türme aus gläsern.
    jeder schritt zieht bahnen aus licht.
    wir gehen im jetzt verloren,
    und bleiben gerne dort.
    und morgen ist egal.
    zusammen. goodnight.

    frederik rentrop
    köln, 2005
  • endlos.groove/attack

    vinyl dreht.
    in zimmerluft,
    die noch von nächten bebt.
    /
    knacken zwischen tracks.
    wie kurz vorm bassdrop.
    in einem club,
    der uns
    bis zum morgen trägt.
    /
    du im hoodie,
    haare zerzaust.
    von ort zu ort in der nacht.
    im chorus dieser stadt gesungen.
    mit dem song,
    der uns weiter umkreist.
    /
    ich lehne
    an der wand.
    lese den mund
    wie ein wort in der hand.
    aus der b-seite,
    die nur auf bootlegs bekannt.
    /
    du ziehst mich
    in die rillen zurück.
    wir mischen uns neu.
    wir lassen nicht nach.
    kein stopp.
    nur laut.
    /
    und der abend vergeht.
    der song bleibt endlos –
    /
    während die platte leer weiterläuft.
    uns zwei,
    im groove gefangen.
    weil wir
    in unserem gemeinsamen refrain
    versinken.
    /
    vinyl dreht.

    frederik rentrop
    köln, 2004
  • Jetzt!

    Die Stadt kocht.
    Musik treibt.
    Bars. Clubs. Hallen.
    Rennt. Tropft. Brennt.

    Alles klingt nach Zukunft.
    Sogar wenn’s schief ist.
    Wir hören nur: Aufbruch.
    Aufbruch. Aufbruch.

    Logos wie Kicks, fünf Flaschen, Raster bleibt stabil.
    Literatur mit uns an der Bar.
    Bierdeckel, Kritzelei, lauter als der DJ.
    Cut. Weiter.

    Ausstellungen wechseln schneller als wir blinzeln.
    Auf. Zu. Neu.

    Wir stolpern: Kickertisch. Groove Attack. Park.
    Auf den Ringen mit Augen.

    Graffiti: brutal auf Metall.
    Jeder Wagon: ein Screen.
    Jeder Zug: ein Beat.
    Wir lesen im Takt.

    Mädchen: Ironie im Blick.
    Zwischen Kuss und Rausch.
    Zwischen Flirt und Crush.
    Jeder will was sagen.
    Jede hat was zu sagen.
    Nah. Laut. Alles richtig.

    Kölsch im Stehen.
    Pizza im Sitzen.
    Nudeln im Gehen.
    Wir fressen die Nacht.
    Die Nacht frisst zurück.
    Layout der Straßen: unruhig, chaotisch, aber lesbar.

    Dann der Keller.
    Drum’n’Bass wie Maschinen.
    Bass. Snare. Bass. Snare.
    Körper jagen. Körper reiben. Körper treiben.
    Kein Exit.

    Dann der Rhein.
    Breit. Kühl. Unbeeindruckt.
    Er schweigt.
    Wir hören alles.

    Taschen voller Zettel.
    Texte. Linien. Flächen. Daten. Herzen. Zeichen. Formen.

    Herzen zu schnell.
    Beats. Schritte. Blicke. Lichter. Zettel. Schatten. Stimmen.

    Jetzt!


    Frederik Rentrop
    Köln, 2003
  • Alles

    Du gehst vor,
    ich folge nah,

    wir teilen den Takt,
    und alles,
    was er löst,
    wenn du
    leise laut bist.
    ––
    Alles,
    nur für uns,
    –––
    bis wir
    wieder
    atmen.
    ––––

    Frederik Rentrop
    Köln, 2003